Rund um das letzte Juniwochenende 2020 stellte sich eine bemerkenswerte Gewitterlage in Südostbayern ein. Angefangen von stationären Gewitterzellen mit sehr langsamer Zuggeschwindigkeit über blitzintensive Nachtgewitter bis hin zum „krönenden“ Abschluss – einer heftigen HP – Superzelle!
Zu Beginn der letzten vollen Juniwoche stellte sich dabei eine zunächst recht unspektakuläre Wetterlage über Mitteleuropa ein. Tieftruckgebiete über dem nordöstlichen Atlantik schaufeln an ihrer Vorderseite sommerlich warme Luftmassen aus Südwesten in den Ostalpenraum, ein Hoch mit Kern über Nordwestdeutschland sorgt zusätzlich für stabile Wetterverhältnisse.
Einen Tag später bringt aber ein aus Nordosten heranziehender Kaltlufttropfen bereits wieder langsam eine Labilisierung der Luftmassen. Der Tag endet in der Region aber bis auf vereinzelte Tropfen noch trocken, nur aufziehende hohe Bewölkung aus Nordosten kündigen langsam einen Umschwung an.
Zum Donnerstag den 25. Juni liegt der KLT dann mit Kern genau über unserer Region. In Zusammenspiel mit den feuchtwarmen Luftmassen entwickeln sich zahlreiche Schauer und Gewitter. Diese bringen aufgrund fehlender Höhenwinde teilweise sehr große Niederschlagsmengen an Ort und Stelle. Lokal ist auch Hagel mit dabei. Besonders heftig traf es dabei die Region um Mattighofen. Siehe auch ---> meinbzirk.at
Interessant dabei: An der Wetterstation Ettenau blieb es gänzlich trocken, während es nur ein paar km weiter nordöstlich zu heftigen Starkregen gekommen ist.
Am Freitag den 26. Juni zog das kleine Tief unter Auffüllung langsam wieder nach Nordosten ab. Die Strömung drehte damit auf West bis Nordwest. Gleichzeitig konnten so aus Südwesten wieder wärmere Luftmassen einfließen, die aber weiter sehr labil geschichtet waren. So entwickelten sich bereits am frühen Nachmittag in der Region einige Gewitterzellen, die aber abgesehen von lokalen Starkregen nicht kräftiger ausfielen.
Bilder vom Nachmittag:
Im Laufe des Abends formierten sich dann am Alpenrand und über dem mittleren Bayern zwei Gewittercluster. Vor allem Letzterer überzog unserer Region, während der Alpenrand – Cluster eher das südliche Bayern und Flachgau beschäftigte. Die Gewitter waren dabei sehr blitzintensiv und brachten neben Starkregen lokal auch Sturmböen.
Ein sommerlich warmer Tag wurde dann auch der Samstag. Der KLT hatte den Einfluss auf unsere Region zwar verloren, dennoch blieben die mit Tiefdruckgebieten über den Britischen Inseln herangeführten warmen Luftmassen labil geschichtet.
Bereits über Mittag hatten sich über Südbayern wieder Gewitter gebildet, die sich aber kurz vor Eintritt ins Innviertel wieder deutlich abschwächten und schlussendlich auflösten.
Am Abend zog dann aber aus Südwesten ein neuer Gewittercluster über die Region und brachte teils noch interessante Strukturen. Das Ganze lief aber abgesehen von lokalen Starkregen und stärkeren Windböen relativ unspektakulär ab.
Und dann kam er, der 28. Juni 2020. Dieser Tag wird einigen in der Region wohl noch länger in Erinnerung bleiben.
An diesem letzten Sonntag im Juni gelangten dabei noch einmal sehr warme Luftmassen in den Ostalpenraum. So wurden am späten Nachmittag sogar das erste Mal in diesem Jahr 30°C an der Wetterstation Ettenau gemessen. Gleichzeitig zog aber in Richtung Südosten eine Kaltfront heran, die sich in den Mittagsstunden bereits in einem Streifen quer über der Mitte Deutschlands befand, gut zu sehen anhand der Temperaturen in ca. 1500m Höhe.
Karten: wetterzentrale.de
Die Bedingungen für kräftige Gewitter waren an diesem Tag absolut gegeben. Über die meiste Zeit des Tages gab es in Südostbayern viel Sonne und sehr feuchte Luftmassen bei Taupunkten um 20°C, dazu etwas mehr Scherung als am Vortag, berechnete Cape – Werte bis zu um die 1000 bis 1500 J/kg und eine herannahende Kaltfront die im Vorfeld für Hebung sorgt. Doch mit einer solch heftigen HP (High Percipitation - Hoher Niederschlag) Superzelle hätten wohl die wenigsten gerechnet.
Dabei verlief der Sonntag lange Zeit recht sonnig und teils auch heiß. Erst am späteren Nachmittag bildeten sich im Allgäu erste Gewitterzellen. Um kurz nach 18 Uhr bildete sich schlussendlich etwas südwestlich von Rosenheim dann die spätere Superzelle.
Eine Stunde später zeigte sich das Ganze schon deutlich ausgeprägt auf dem Radar. Bei Überschreiten des Chiemsees bildete sich auch strukturell eine deutliche Superzellenstruktur aus. Vor allem den Ort Prien am Chiemsee hatte es schwer getroffen. Hier sorgte ein massiver Downburst für extreme Windgeschwindigkeiten (in Chieming wurden 130 km/h registriert(!), weiter östlich in Waging 109 km/h). Dort kam es teilweise zu schweren Sturmschäden, auch Hagel und Starkregen sorgten für Schäden. Siehe auch---> chiemgau24.de
Um halb 9 Uhr Abends wurde dann auch der östliche Landkreis Traunstein und der westlich Teil im Bezirk Braunau auf österreichischer Seite getroffen.
Hier gab es dann vor allem heftige Überschwemmungen und Sturzfluten. Dutzende Keller wurden überflutet und die Feuerwehren standen bis zum nächsten Tag im Dauereinsatz. Siehe auch à chiemgau24.de
Bezirk Braunau---> meinbezirk.at
Eng begrenzt sind dort teils 50 bis 80mm in kurzer Zeit gefallen!
Radardaten: kachelmannwetter.com
Die Bilder entstanden im Gemeindegebiet von Tarsdorf mit Blickrichtung Südwesten.
Kurzer Standortwechsel
Abschließend lässt sich sagen, dass die gesamte Gewitterlage sehr markant war und ihren Abschluss in einer der heftigsten Gewitterzellen in der Region in den letzten Jahren fand.